Mittwoch, 5. Juni 2013

Polwanderung / Polsprung - eine Gefahr?

Die Befürchtungen sind bekannt und werden im Web weiter verbreitet, z.T. ohne die Fakten zu berücksichtigen: Der
Erdmagnetismus könnte in einem Augenblick zusammenbrechen und Nord-/Südpol würden sich an unerwarteten Stellen neu etablieren. Resultierend wäre die Erde eine Zeit ohne schützende Magnetosphäre - eine große Gefahr für die Menschheit?

Aus paläomagnetischen Daten lässt sich ableiten: Die letzte Umpolung des Erdmagnetfeldes ereignete sich vor etwa 780.000 Jahren. Zu dieser Zeit leben Vorläufer des Menschen, sog. Hominiden - und offensichtlich haben sie (bzw. etliche von ihnen) diesen Polsprung überlebt. Freilich betrieben diese Hominiden keine sensiblen Technologien, wie wir sie heute kennen.

Langfristig betrachtet kam es alle 500.000 Jahre zu einem Polsprung, d.h. eine erneute Umpolung wäre überfällig. Der Umkehrprozess hat möglicherweise bereits begonnen; jedenfalls hat sich das Erdmagnetfeld seit Beginn der Messungen vor 170 Jahren bis heute um zehn Prozent abgeschwächt.  geworden ist. Zudem hat sich der magnetische Nordpol im vergangenen Jahrhundert um rund 1100 Kilometer von Alaska in Richtung Sibirien verlagert. 

Zu solchen Polwanderungen kommt es durch Überlagerung mehrerer Phänomene. Zum einen bewegen sich die Lithosphärenplatten bei der Kontinentaldrift auf der im Raum stabilen Erdkugel. Aus Sicht des Messortes auf einem Kontinent wandern natürlich die Pole. Zum anderen können sich durch Massenverlagerungen auf oder in der Erde deren Hauptträgheitsachsen verlagern, dann kippt die gesamte Erdkugel im Raum, während die Rotationsachse ebenfalls im Raum stabil bleibt. Aktuell führt die Polbewegung eine annähernd jährliche Kreisbewegung von fünfzehn Metern Durchmesser aus sowie eine Drift um zehn bis zwölf Meter pro Jahrhundert ungefähr in Richtung 80° West.
"Das Magnetfeld ändert sich also rasant."
Ursache dieser Veränderungen bilden Induktions-Prozesse im Erdkern, der steig rotiert. Deren Auswirkungen seien auf die Erde. Aber sie sind bei Weitem nicht so gravierend, dass man von einem  „Magnet-Chaos“ sprechen dürfe. Selbst wenn sich das Erdmagnetfeld vorübergehend auf zehn Prozent seines heutigen Wertes abschwächt, können schädliche Höhenstrahlung oder die Teilchen des Sonnenwinds nicht zur Erdoberfläche vordringen und gesundheitsschädigend wirken. Weder Von eine weltweit erhöhte Krebsrate noch großflächige Stromausfälle seien zu befürchten.
"Selbst wenn wir das Magnetfeld komplett wegnähmen, würde diese Strahlung von der Lufthülle der Erde abgefangen."
Schwierig könnte es Zugvögel und weitere Tiere werden, die sich am Erdmagnetfeld orientieren. Weil der Prozess der Polumkehr so langsam verläuft, werden sie sich aber nach und nach Zeit auf die veränderten Verhältnisse einstellen.

Es gibt indessen Hinweise, wonach bei früheren Polumkehrungen viele Arten von Mikroorganismen aus den Ozeanen verschwanden. Zudem könnte die erhöhte UV-Einstrahlung in den Schwächephasen des Erdmagnetfelds vermehrt Mutationen bei Lebewesen auslösen. Für die Evolution liegt darin auch eine Chance - denn Erbgutveränderungen können dann zur Bildung neuer Arten beitragen.
Wirklich beruhigend finde ich diese Aussichten nicht, zumal die Auswirkungen auf unsere Technologien kaum absehbar sind - doch es besteht auch kein Anlass, sich wieder einmal vor einem Weltuntergang zu ängstigen. Ändern können wir an der zu beobachtenden Polwanderung ohnehin nichts.

Quellen: 

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